Kultur- und Geschichtsverein
Frickhofen e. V.

Der Verein bietet seinen Mitgliedern, aber auch anderen Interessierten, ganzjährig die Möglichkeit, an Exkursionen oder Vorträgen teilzunehmen. Im Sommerhalbjahr finden Exkursionen unter sachkundiger Führung zu verschieden historischen Stätten und geschichtlich intressanten Orten statt. Während im Winterhalbjahr öffentliche und kostenfreie Vorträge zu lokalhistorischen Themen angeboten werden.

Ende Juni 2013 führte die Exkursion zu den "Sieben Schmerzen" und zum Heidenhäuschen.

Exkursion zum Heidenhäuschen

Einblicke und Ausblicke am Heidenhäuschen

Angeregt durch einen Artikel im Jahrbuch 2013, hatte der Kultur- und Geschichtsverein Frickhofen am 30. Juni zu einer Exkursion am Heidenhäuschen eingeladen. Alfred Sehr führte die Besucher zu den historisch markanten Orten. Der engagierte Heimatforscher verstand es, ausgehend von sichtbaren Objekten die Interessenten immer tiefer in die historischen Lagen der Heimatgeschichte einzuführen.

Historische Schichten der Geschichte an den "Sieben Schmerzen"

Felsmassiv am Heidenhäuschen
Beeindruckt vom Felsmassiv am Heidenhäuschen: Franz-Josef Gresser, Dr. Werner Nink, Hubert Hecker, Alfred Sehr (v. li.)

Die heutige Anlage der "Sieben Schmerzen" Mariens geht auf umfangreiche Erneuerungsarbeiten vor 40 Jahren zurück, nachdem die ursprünglich 1885 errichteten Stationshäuschen baufällig geworden waren.

Aber der Standort war schon 250 Jahre vorher historisch markiert. Ein Oberzeuzheimer Bauer hatte im Dreißigjährigen Krieg auf der Flucht vor den Schweden an dieser Stelle im Wald mit seiner Familie überlebt. Aus Dankbarkeit ließ er dort einen Madonnenbildstock errichten.

Aber auch diese historische Marienverehrungsstätte verwies auf eine ältere Kultstätte: In der oberhalb der Sieben Schmerzen liegenden Gemarkungsflur „Frauenberg“ war im Mittelalter eine kleine Wallfahrtskapelle zu ‚Unserer Lieben Frau’ errichtet worden. Der genaue Standort ist noch nicht gefunden, aber die Beschreibung einer Grenzbegehung von 1625 spricht eindeutig von dem historischen Kirchlein, zu dem unsere Vorfahren Jahrhunderte vorher gepilgert waren.

Aus sprach-archäologischen Überlegungen geht hervor, dass im Areal um das Heidenhäuschen in keltischer Zeit wahrscheinlich Muttergottheiten verehrt wurden: Die beiden Ortnamen ‚Hangenmeilingen’ und ‚Hintermeilingen’ gehen auf die Sprachwurzel –mahal- zurück, die auf eine Kultstätte für keltische Matronen-Göttinnen verweisen.

Tief ist der Brunnen der Vergangenheit

Aussichtspunkt am Heidenhäuschen
Am gemauerten Aussichtspunkt des Heidenhäuschen: Rosemarie Nink, Annette Nink, Dr. Werner Nink, Maria Eisenmenger, Franz-Josef Gresser, Hubert Hecker, Alfred Sehr

Schon mit diesen Hinweisen auf die Keltenzeit vorbereitet, bewegte sich die kleine Exkursionsgruppe in östliche Richtung auf den ‚Keltenborn’ zu. Der alte trockengemauerte Brunnen an der Südostflanke des Heidenhäuschens war schon 1949 entdeckt worden, in der Zwischenzeit aber wieder überwachsen. Erst mit dem Windbruch durch den Sturm Cyrill von 2007 wurde die alte Brunnen-Quelle wieder freigelegt. Unter landesarchäologischer Anleitung rekonstruierte die Projektgruppe Heidenhäuschen mit Alfred Sehr und anderen den Oberbau der Quellfassung. Von einer historischen Wasserschöpfstelle darf man auf eine nahe Siedlung schließen: Und tatsächlich fand man im Umkreis des Keltenborns Keramikscherben und einen Hand-Drehmühlstein. Mit Hilfe der Keramikfunde konnte man die Siedlungsspuren auf die frühkeltische Hallstattzeit datieren. Auch der nahe der Quelle etwa 1,80 Meter hohe Menhir-Stein weist auf die frühe Keltenzeit vor 2.500 Jahren hin. Diese archäologischen Befunde werden auf großen Info-Pulttafeln mit Texten, Bildern und Graphiken an Ort und Stelle für die Besucher hervorragende vermittelt.

Nicht so gut ist die Weg-Beschilderung zu den historischen Stätten. Insbesondere an der Fünf-Wege-Kreuzung bei der ‚Wiebelsburg’ fühlt sich der Besucher orientierungslos, wenn er vom Keltenborn aus in nord-westliche Richtung zum Heidenhäuschen aufsteigen will.

Eine steingewaltige Trutzburg auf dem Plateau des Heidenhäuschens

Auf dem Plateau des Heidenhäuschens befand sich in der später Hallstattzeit eine befestigte Wallanlage in der Größe von 80 x 70 Metern, also etwa einem halben Hektar. Keramikfunde weisen auf eine keltische Bebauung und Besiedlung in der Hallstattzeit hin. Ausgehend von den noch vorhandenen Geröll-Spuren ließ Alfred Sehr vor den Augen der interessierten Exkursionsgruppe die eindruckvolle Wallanlage entstehen. Sie hatte vermutlich auch die Funktion einer Fliehburg für die Bewohner der nahen Siedlung am Keltenborn.

An der jeweils flachen Nord- und Südseite der Anlage befanden sich mächtige keltische Mauern, unterbrochen von zwei Zangen-Toreingängen. Nach Osten hin bot das Gelände durch einen Steilabhang natürlichen Schutz. An der Westseite war die Wallanlage ebenfalls durch das mächtige Basaltblockmeer auf natürliche Weise gesichert.

Geologische Einblicke und geographische Ausblicke

Dr. Werner Nink über die geologische Formation des Heidenhäuschens
Dr. Werner Nink erklärt anschaulich die geologische Formation des Heidenhäuschens als Übereinanderschieben von Gesteinsschichten

Die gewaltigen Basaltblöcke, teilweise übereinandergeschoben und aufgetürmt, lassen die geologischen Kräfte erahnen, die für die Auffaltung unserer Mittelgebirge verantwortlich waren. Aber noch beeindruckender ist für die heimatinteressierten Besucher der Ausblick an der Westseite der Blocksteinhalde.

p>Man schaut nach Westen über die Dörfer bis weit ins ‚Trier’sche Land’ bis an die Höhen des Rheinischen Schiefergebirges. Nach Norden hin könnte man den westlichen Westerwald überblicken und nach Süden hin ins Limburger Becken, den Goldenen Grund und Taunus-Berge, wenn die zuständigen Amts- und Forstbehörden sich für ein Freischneiden der Bewaldungen entschließen könnten. Dann würde man in etwa den Ausblick haben, den vor 2.500 Jahren die Kelten vor Augen hatten – insbesondere auf den damaligen Zentralort im Nordwesten, die ursprünglich 13 Hektar große befestigte Keltenstadt auf der Dornburg.

Zum Schluss ist noch auf weitere historische Spuren rund um das Heidenhäuschen hinzuweisen: Hügelgräber aus vorgeschichtlicher Zeit, das Blocksteinmeer als gerichtliche Schwurstätte in der Zeit der Franken und schließlich das „Ellarer Gericht“, ein Galgen-Hinrichtungsplatz am Ausgang des Spätmittelalters.

Hubert Hecker