Kultur- und Geschichtsverein
Frickhofen e. V.

Christine von Diez

Eine Vorfahrin Philippina von Guttenbergs war Anna von Sachsen, die Tochter des Kurfürsten Moritz von Sachsen. Sie war - unglücklich - verheiratet mit Wilhelm I. von Oranien-Nassau, der gegen die Vorherrschaft der spanischen Habsburger in den Niederlanden kämpfte.

Um ihre Ansprüche gegen ihren Ehemann durchzusetzen, nahm sich Anna einen Anwalt: Jan Rubens, den Vater des Malers Peter Paul Rubens. Als 1571 Anna von Sachsen ihr letztes Kind, Christine, zur Welt brachte, erkannte Wilhelm von Oranien-Nassau, der sich scheiden lassen wollte, es nicht als seine Tochter an. Vielmehr beschuldigte er seine Frau des Ehebruchs mit ihrem Anwalt, der unter der Folter sich schuldig bekannt hatte.

Anna von Sachsen wurde zunächst in Beilstein und später - unter unmenschlichen Bedingungen - in Dresden inhaftiert. Sie starb am 18. Dezember 1577 kurz vor ihrem 33. Geburtstag.

Christine, genannt von Diez, wurde im Collegium virginum nobilium des ehemaligen Prämonstratenserklosters Keppel bei Hilchenbach-Allenbach erzogen, das nach der Reformation ein „Stift für adelige Jungfrauen“ geworden war, und unter dem Patronat des Nassau-Siegener Grafenhauses stand.

Am 10. Dezember 1597 heiratete sie Johann Wilhelm von Welschenengst-Bernkott (1570–1636), Burggraf und Kommandant in Dillenburg, Herr zu Isenburg und Gutsherr großer Besitzungen in Neuwied und Andernach. Ihre drei Kinder waren Hans Henrich, Anna Elisabeth und Katharina von Welschenengst-Bernkott.

Philippina von Guttenberg

Die letzte Äbtissin vom Alt-Kloster Eibingen stammte aus Langendernbach und wurde in Frickhofen getauft

Freifrau Philippina von Guttenberg, die letzte Äbtissin vom 
Alt-Kloster Eibingen, mit dem Abbatissa-StabIn den Jahren von 1785 bis 1804 war Freifrau Philippina von Guttenberg mit der Leitung des Benediktinerinnen-Klosters Eibingen bei Rüdesheim betraut – zunächst fünf Jahre als Priorin, danach 13 Jahre als Äbtissin. Sie war die 31. Nachfolgerin der hl. Kirchenlehrerin Hildegard. Ihr Sigelbild zeigt in einem herzförmigen Blattkranz die Rose aus dem Wappen der Freiherren von Guttenberg.

Die altadlige Familie von Guttenberg war mit drei Linien im Oberfränkischen nahe Kulmbach beheimatet. Schon seit dem 15. Jahrhundert stellte die katholische Familie Geistliche und Amtsleute für die Fürstbistümer Bamberg und Würzburg sowie das metropolitane Kurfürstbistum Mainz. Auch der Vater der späteren Äbtissin war als Kammerherr und Obrist über ein Regiment im kurfürstlichen Dienste angestellt. Im Oktober 1731 vermählte sich Graf Philipp Ludwig von Guttenberg in zweiter Ehe mit der Freifrau Wilhelmine Charlotte Philippine von Eberstein, geb. Freiin von Quernheim.

Die Familie von Quernheim war im 30jährigen Krieg in Nassau ansässig geworden, als 1630 Arnold von Quernheim Catharina von Welschenengst-Bernkott heiratet, deren Familie von Ihrem „Hofhaus“ in Langendernbach vertrieben worden war. 1660 konnten die Söhne aus dieser Ehe als Freiherren von Quernbach ihr Erbe in Langendernbach antreten. Eine Enkelin der Catharina Bernkott sollte dann die Mutter der späteren Äbtissin werden.

Die älteste Tochter aus der Ehe Quernheim-Guttenberg, Philippina Agatha, erblickte 1734 auf dem Stammsitz der Mutter in Langendernbach das Licht der Welt. Am 29. Juli 1734 wurde sie in der damals neuerbauten Barockkirche in Frickhofen aus der Taufe gehoben. Mit vier Geschwistern wuchs sie am Wohnsitz der Familie in Mainz auf. 1754 legte Philippina von Guttenberg die feierliche Profess im Hildegardiskloster Eibingen ab, das im Gebiet und unter der geistlichen Aufsicht des Kurfürstentums Mainz stand.

1786 war Freifrau Philippina von Guttenberg – alle Professen behielten im Kloster ihren Geburts- und Familiennamen bei – zur Priorin der Abtei bestimmt worden, also zur Stellvertreterin der Klosterleiterin. Nach dem Tod der Äbtissin nur zwei Jahre später musste sie in der Vakanzzeit die Leitung der klösterlichen Familie übernehmen – und das unter schwierigen Zeitumständen.

St Hildegard Eibingen, am Standort des alten Klosters Eibingen
Pfarrei St. Hildegard am Standort des alten Klosters Eibingen

Der damalige Mainzer Erzbischof Joseph von Erthal war ein Aufklärer, der im Rahmen einer kirchlichen Selbstsäkularisierung alle Klöster seines Bistums zeitgeistig modernisieren wollte. 1781 hob der Mainzer Kirchenfürst drei reichbegüterte Abteien per Edikt auf und enteignete die Klosterbesitzungen zugunsten des Mainzer Universitätsfonds. Als 1788 die Klostervorsteherin in Eibingen gestorben war, verweigerte der Mainzer Kirchenfürst drei Jahre lang die Neuwahl einer Äbtissin, um bei den führungslosen Klosterschwestern leichter mit seiner erklärten Absicht durchzudringen, das Kloster in ein freiadliges Stift ohne Ordensregeln umzuwandeln. Damit hatte er sich aber bei der resoluten Freifrau von Guttenberg verrechnet.

Die Strategie der Priorin bestand darin, dass sie die Schutzrechte des Kurfürsten von der Pfalz in Anspruch nahm und gegen das unrechtmäßige Aufdringen des Mainzer Großfürsten ausspielte. Das Kloster Eibingen lag zwar im Mainzer Gebiet und unterstand damit der Jurisdiktion des erzbischöflichen Kurfürsten, die meisten Klosterbesitzungen aber lagen im Gebiet der Kurpfalz, die Schutzbriefe für das Kloster vorweisen konnte.

Als im Sommer 1789 die kurmainzische Visitation mit dem Ziel der Säkularisierung drohte, entschloss sich die Priorin sogar, das Archiv des Klosters in kurpfälzische Lande zu bringen. Damit war den Säkularisationsplänen nach einer Visitation der dokumentarische Eckstein entzogen.

Im Sommer 1791 erfolgte ein erneuter Versucht des Mainzer Generalvikars, mit Versprechungen und Drohungen das Kloster abzuwürgen. In dieser bedrückenden Situation entschloss sich die Priorin Philippina von Guttenberg, nach einem Angebot der kurpfälzischen Regierung den Eibinger Konvent in das ehemalige Jesuitenkolleg in Niederingelheim zu verlegen. Erst durch diese Handlung wurde Mainz zum Einlenken veranlasst und signalisierte eine „gnädigste Gestattung einer Äbtissinwahl“. Damit waren dann auch die Umwandlungspläne vom Tisch.

Bei der Wahl am 20. Juli 1791 wählten die 10 wahlberechtigten Konventualinnen im vierten Wahlgang einstimmig die bisherige Priorin, Philippina von Guttenberg zur neuen Äbtissin von Eibingen.

Der neuen Äbtissin war es nur wenig länger als ein Jahr vergönnt, das Kloster in ruhigen Umständen zu leiten. Mit dem Fall von Mainz an das französische Revolutionsheer begannen die ständigen Aufdringlichkeiten und Plünderungen französischer und später auch kaiserlichen Soldaten. Seit 1793 hatte das Kloster sich laufend an „Fuhrfronden“ zu leisten. Man musste Wein, Leinen und alles entbehrliche Kirchensilber abliefern. Es wurden ständig neue Kriegssteuern und Kontributionen verlangt. In das ehemals reiche Kloster war der Hunger eingekehrt: „Wir haben weder Frucht noch Holz noch Mehl noch Geld und nicht einmal Kredit mehr“, schrieb die verzweifelte Äbtissin.

Mit dem Frieden von Luneville am 9. Februar 1801 waren zwar die Kämpfe zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich zuende, aber die Friedensbedingungen brachten neues Ungemach über das Kloster.

Kloster Eibingen heute
Kloster Eibingen heute
Der neue Franzosen-Führer Napoleon hatte die deutschen Fürsten als Ersatz für die geraubten linksrheinischen Gebiete auf die Kirche verwiesen, dass sie sich an deren Besitz schadlos halten sollten. Fürst Karl Wilhelm von Nassau-Usingen, residierend in Wiesbaden-Biebrich, stellte schon im Herbst 1802 an die Rheingauer Klöster Eberbach, Eibingen, Tiefenthal, Gottesthal und Marienhausen Besitzansprüche, da sie in dem Gebiet geistlicher Herrschaften lagen, deren übernahme ihm signalisiert worden war. Als der nassauische Fürst feststellte, dass das Kloster Eibingen mit 9.530 Gulden verschuldet war, hatte er es nicht mehr so eilig mit der Klosterenteignung wie bei dem benachbarten reichen Kloster Eberbach.

Im Frühjahr 1804 stand die Eibinger Äbtissin, Freifrau Philippina von Guttenberg, im 70. Lebensjahr und sah ihrer goldenen Professfeier im Sommer des gleichen Jahres entgegen. Da erkrankte sie im März an einer schweren Lungenentzündung und entschlief am 24. März 1804 „ganz sanft und gottselig im Herrn“.

Am 12. Februar 1814 unterzeichnete Herzog Friedrich August von Nassau das endgültige Aufhebungsdekret, das Todesurteil für das altehrwürde Kloster Eibingen.

Im Jahre 1900 stiftete Fürst Karl Heinrich zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg ein neues Kloster für Eibingen, das bis 1904 oberhalb der alten Klosteranlage gebaut und von Benediktinerinnen der Abtei St. Gabriel in Prag besiedelt wurde.

Hubert Hecker

Stammbaum der Freifrau Philippina von Guttenberg

Stammbaum der Freifrau Philippina von Guttenberg, der letzten Äbtissin vom Alt-Kloster Eibingen

I. Guttenberg

Georg Christoph von Guttenberg, Erbherr zu Kirchleus, Fischbach, oberes und unteres Schloß, Lindenberg und Katschenreuth; hochfürstl. Würzburgischer Hauptmann (bis 1692), * Fischach 28. 12., getauft 30. 12. 1656, + in Firschbach 1702, verh. in 2. Ehe in Fischbach 26. 2. 1688
OO Anna Brigitta von Herda, Sachsen-Eienach’sche Hofdame (Tochter des Jobst Burhard von Herda zu Brandenburg auf Langenröden und der Maria Abigail von Boineburg) * Bamberg 11. 3. 1644, + Fischbach vor 1699

Philipp Ludwig Gottfried von Guttenberg, Mitherr zu Kirchleus, Kurmainzischer Kammerherr und Obrister über ein Regiment zu Fuß in der Legion Leyanal, * Fischbach 12. 8. 1695, + Mainz 27. 3. 1747, begr. Mainz b. St. Emmeran, verh. in 1. Ehe:
OO Anna Johanna Elisabeth von Sickingen, + 1729, begr. St. Emmeran.
verh. in 2. Ehe: Mainz 10.10.1731
OO Wilhelmine Charlotte Philippine verw. Freifrau v. Eberstein, geb. v. Quernheim, getauft Frickhofen 15. 10. 1699, + um 1789

1.Heinrich Franz Damian, Kurkönischer Geheimrat, Kurmainzischer Kammerherr und Generalmajor, *1732, +Bornheim 30. 10. 1810
2. Agathe Philippina, getauft Frickhofen 29. 7. 1734, + Kloster Eibingen 24. 3. 1804
3. Philipp Anton Carl, Kurmainzischer Kammerherr und Oberforstmeister im Spessart zu Aschaffenburg, *1735, +nach 1811
4. Charlotte Johanna Eleonore, *1736, OO mit Hans Georg von Wildenstein, Kurmainzischer Generalfeldwachtmeister
5. Caroline Johanna Henriette Ottilie, * Mainz 10. 10. 1737
Agathe Philippina von Guttenberg starb 1804 als letzte Äbtissin des Alt-Klosters Eibingen

II. Quernheim

Moritz von Sachsen (* 21. März 1521 in Freiberg; + 11. Juli 1553 bei Sievershausen) Kurfürst des Hl. Römischen Reiches, verheiratet am 11. Januar 1541 mit
OO Agnes von Hessen (* 31. Mai 1527 in Marburg; + 4. November 1555 in Weimar)

Anna von Sachsen (* 23. Dezember 1544 in Dresden; + 18. Dezember 1577 ebenda) verheiratet am 2. Juni 1561 in Torgau (geschieden 1571) mit
OO Wilhelm von Nassau-Dillenburg * 14. April[2] oder 24. April[3] 1533 in Dillenburg; + 10. Juli 1584 in Delft), Fürst von Oranien, war ein Führer im niederländischen Unabhängigkeitskrieg gegen Spanien, (nach dem Tod seiner ersten Frau 1555, nach der Scheidung heiratet Wilhelm 1575 Charlotte von Bourbon-Montpensier, nach deren Tod 1583 Louise de Coligny)

1. Anna (*31. Oktober 1562; + wenige Tage später).
2. Anna (* 1563; + 1588) – 1587 verheiratet mit Graf Wilhelm Ludwig von Nassau-Dillenburg (* 1560; † 1620), Sohn von Johann VI. von Nassau-Dillenburg.
3. Moritz (* 8. Dezember 1564; + März 1566).
4. Moritz (* 1567; + 1625), Statthalter der Niederlande.
5. Emilia (* 1569; + 1629) – 1597 verheiratet mit Emanuel (I.) von Portugal (* 1568; + 1638).
6. (von Wilhelm nicht anerkannt) Christine, genannt von Diez (* 22. August 1571, + Langendernbach Ende Dezember 1637) verheiratet am 10. Dezember 1597 mit
OO Johann Wilhelm von Welschenengst-Bernkott (1570–1636), Burggraf und Kommandant in Dillenburg, Herr zu Isenburg und Gutsherr großer Besitzungen in Neuwied und Andernach

1. Hans Henrich
2. Anna Elisabeth
3. Catharina von Welchenengst-Bernkott + 1675 verheiratet 1630 in Benfelden mit
OO Arnold von Quernheim, Schwedischer Oberster und Gouverneur von Benfelden bei Straßurg, +1638/40

Johann Christop Sittig von Quernheim, *1631,
OO Anna Maria von Wendt

Heinrich Ernst von Quernheim, *1671, +1741,
OO Agathe Margarethe von Selbach, + nach 1752

1. Franciscus Alexander, *5. 5. 17013, + vor 1756
2. Maria Juliana Ernestine, *24. 2. 1698, + um 1770
3. Wilhelmine Charlotte Philippine, 15. 10. 1699, + um 1789, verh. in 1. Ehe in Langendernbach am 25. 11. 1721:
OO Karl Freiherr von Eberstein, + Dillenburg 3. 11. 1725

1. Henriette Dorothea, OO mit Carl von Wend, Hochgräftl. Lippe-Detmoldischer Landrath und Drost zu Warnholtz
2. Karl Christian, Kurphälzischer Kammerherr und Obrist der Garderoben und Intendant der 3 musiques, wie auch Hofmeister ihro Durchlaucht des Prinzen Carl
3. Ludwig Ernst, königl. Preußischer Leutnant
4. Amalie, OO mit Major von Aussen auf Eichen

Wilhelmine Charlotte Philippine von Quernheim war in 2. Ehe verheiratet mit Freiherrn Philipp Ludwig Gottfried von Guttenberg