Kultur- und Geschichtsverein
Frickhofen e. V.

Vor 60 Jahren:

Das Haus „Waldfriede“ wird zu einem Familienferienheim

Maria Waldrast mit fertigem Anbau, von der Straße gesehen
Maria Waldrast mit fertigem Anbau, von der Straße gesehen
Im Oktober 2012 hat die Familie Wirfler aus Dorndorf das Anwesen ‚Maria Waldrast’ in Frickhofen gekauft und baut es zur Zeit nach heutigem Standard als Familienwohnstätte aus.

Genau 60 Jahre vorher, ab Herbst 1952 war das einsame Haus an der Wilsenröther Straße zu einem Familienerholungsheim umgebaut und später mit einem Anbau erweitert worden.

Vor dem 2. Weltkrieg bestand der Hauskomplex nur aus einem eineinhalbstöckigen Privatwohnhaus mit einem Walmdach. Das Haus stand damals auf einsamer Flur, denn der gegenüberliegende Hauskomplex mit Obstplantage der Familie Bock wurde erst nach dem Krieg errichtet.

Haus 'Waldfriede' im 1. Jahr als Famlienerholungsheim
Haus 'Waldfriede' im 1. Jahr als Famlienerholungsheim

Vermutlich in den 20er Jahren gebaut, war das Haus in der Zwischenkriegszeit von einer Familie Bill bewohnt, die dort auch ein Sommercafé betrieb: „Ei, Ei, Ei – Du gehst vorbei?“ oder so ähnlich lautete das Werbeschild, das zu einer Einkehr in schattigem Rast im Haus „Waldfriede“ einlud, wie an der Giebelhauswand zur Straße hin zu lesen war.

In den 30er Jahren wohnte dort die Familie Staudt – ‚Kochs’ mit Dorfnamen - zu Miete. Die kinderreiche Familie, zu der auch der spätere Pfarrer und Geistliche Rat Alois Staudt gehörte, zog nach dem Krieg ins ehemalige Judenhaus in der Langestraße 1.

Im Sommer 1952 erwarb der ‚Bund Katholischer Männer und Frauen Neuß’ das Anwesen vom Besitzerehepaar Lacher, um es zu einem Familien-Erholungsheim umzugestalten. Der Bund hatte sich unter dem Vereinsnamen „Junge Mannschaft Neuss e. V.“ eingetragen.

Broschüre des 'Bundes katholischer Männer und Frauen'
Broschüre des 'Bundes katholischer Männer und Frauen'

Die jungen Leute nannten sich die „Schlusslichter“, nachdem sie vor dem Krieg in der katholischen Jugendbewegung gestanden hatten, in den unseligen Krieg gezogen worden waren und dann die Not der Nachkriegszeit bewältigen mussten. Aber nach der Gründung der Bundesrepublik und der Etablierung der freien Marktwirtschaft verbreitete sich Aufbruchstimmung und man war zu Aufbauarbeit entschlossen.

Die meisten Mitglieder der KJM hatten inzwischen eine Familie gegründet. Im Frühsommer 1951 saßen sie einmal zusammen und überlegten, wie und wo und zu welchem Preis man mit einer kinderreichen Familie Urlaub machen könnte. Jemand sagte: „Ich kenn zwar eine Pension für Hunde, aber für Familien…?“ Im Laufe des Gesprächs reifte der Entschluss: Dann müssen wir eben selbst ein Familienferienhaus bauen.

Baugrube für den Anbau - mit Mann und Kind
Baugrube für den Anbau - mit Mann und Kind

Nach einigem Suchen und Besichtigungen konnte man bei Dattelfeld an der Sieg zunächst eine Etage als Ferienwohnung mieten. Später plante man in der Nähe den Bau eines eigenen Ferienheims. Mit kreativen Verkaufsaktionen, Anzeigen sowie Spendenaufrufen zu Geld- und Sachspenden („Ziegelsteine, Hohlsteine, Bruchsteine, Bauholz“) suchte man das Projekt auf die Beine zustellen.

Als sich im Sommer 1952 das Bauprojekt an der Sieg zerschlug, fand man schon einige Wochen später ein besseres Objekt im Westerwald. Die Initiatoren schrieben: „In Frickhofen, einer freundlichen Ortschaft zu Füßen des Blasiusberges mit der tausendjährigen Blasiuskapelle, steht etwas abseits vom Dorf inmitten von Wiesen und Wäldern einsam ein Haus. Seine Besitzer, ein älteres Ehepaar, wollte es aufgeben. Etwas Idealeres war bis dahin nicht gefunden. Die vorhandenen Spenden wurden in Bargeld umgewandelt und dieses diente als Ankaufsumme.“

Errichtung des Anbaus
Errichtung des Anbaus

Im September 1952 war das Heimleiterehepaar gefunden und siedelte nach Frickhofen über. Das Ehepaar Schulte-Nünning richtete zusammen mit zahlreichen Wochenendeinsätzen der Neußer das Haus soweit ein und her, dass zum ersten Januar 1953 die ersten Gäste einziehen konnten. Für den „sehr niedrige Pensionspreis“ mussten die junge Familien allerdings auch sehr schlichte Verhältnisse akzeptieren: Wasser holte man aus dem hauseigenen Brunnen und das Klo-Häuschen stand jenseits des Hofes. Es gab zwar Heizöfen in der unteren Etage, aber keinen Stromanschluss. Doch die Gäste nannten die Stimmung abends bei Petroleumslicht „romantisch“.

Bis zum Frühsommer 1953 wurden die sieben Zimmer des Hauses soweit hergerichtet, dass eine größere Anzahl von Sommergästen aufgenommen werden konnte. Die offizielle Einweihung des Familienferienheims war für den 17. Mai 1953 angesetzt. Pfarrer Jäger aus Frickhofen segnete vor einer großen Schar von Neußern das Haus ein.

Der Anbau ist fertig, von unten gesehen
Der Anbau ist fertig, von unten gesehen

Neben den Feriengästen kamen am Wochenende die Neußer „mal eben raufgefahren“. Man nahm zunächst die Autobahn A3, um dann von Bad Hennef aus über die B8 „auf dem Weg nach Frickhofen ein herrliches Stück Natur zu erleben“.

Ins Schwärmen gerieten die Neußer zu der „Wahl des idyllischen Platzes mit Liegewiesen, Tannengruppe und Gemüsegarten, insgesamt 2.500 qm. Vier Naturschutzgebiete befinden sich in unmittelbarer Nähe. In 20 Minuten steigt man zur Blasiuskapelle hoch; in gleicher Zeit sind die umliegenden schönen Dörfer zu erreichen: Frickhofen, Wilsenroth und Dorndorf. Bei klarem Blick schaut man über Täler und Höhen zum Feldberg im Taunus…“

Hubert Hecker

Der alte Stall 1953
Der alte Stall 1953
Umbau Stall zu Wohnung für Heimelternpaar
Umbau Stall zu Wohnung für Heimelternpaar

Schaf- und Schweinestall, erbaut Ende 50er
Schaf- und Schweinestall, erbaut Ende 50er