Kultur- und Geschichtsverein
Frickhofen e. V.

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurden viele Deutsche z. B. aus dem Sudetenland oder aus Schlesien vertrieben. 1946 kam mehrere Flüchtlingstransporte auch in Frickhofen an.

Der Bericht über den "Strom aus dem Osten" aus dem Jahr 1950 steht noch ganz unter dem Eindruck der damit verbundenen aktuellen Probleme.

Heribert Heep: Tausend Jahre Frickhöfer Geschichte; Limburg 1950

"DER STROM AUS DEM OSTEN"

Als Nachwehe der totalen Niederlage des II. Weltkrieges wurden auf Grund der Beschlüsse von Jalta und Potsdam deutsche Gebiete von Rußland annektiert und große Landesteile, in denen früher der Bedarf der halben Bevölkerung von Deutschland an Brotgetreide gedeckt wurde, unter die Verwaltung des polnischen Staates gestellt. Nach einer von den westlichen Demokratien und Deutschen nicht akzeptierten Interpretation der Beschlüsse von Jalta wurden alle Deutschen aus der CSR, Polen, Ungarn, Rumänien und aus den baltischen Ländern gegen ihren Willen in das westliche Deutschland gepreßt.

Es begann eine Völkerwanderung, die ihresgleichen in der Geschichte des 20. Jahrhunderts im Abendlande sucht. Die Austreibung der Flüchtlinge aus ihrer Heimat im Osten, ihre Verweisung von Haus und Hof, von Beruf und ererbter Scholle hat großes Aufsehen in der gesamten Welt erregt. Die Zwangsausweisungen erschienen als von Wahnsinnigen dirigiert. Aus Verlautbarungen der Presse und des Rundfunks kann man entnehmen, daß die verlassenen Gebiete zur Einöde geworden, daß Felder und Fluren verwahrlost und versteppt sind.

Der I. Flüchtlingstransport kam am 2. April 1946 hier an. Weitere folgten in den Monaten: Mai, Juni und Oktober.

Die Ärmsten, die eine furchtbare Tragik durchgemacht hatten, die ein unbarmherziges, grausames Schicksal hierher verpflanzte, wurden in ein Massenquartier (Saalbau Karl Heep) vorerst provisorisch untergebracht, bis Wohnraum für eine einigermaßen menschliche Unterkunft ermittelt war. Durch Intervention und Hilfe der caritativen Verbände, der behördlichen Organe und privater Initiativen wurden effektiv alle Wohnungen in kurzem Zeitraum beschafft. Durchweg, mit einer bewundernswerten Disziplin ohne jegliche Anwendung von kategorischen Maßnahmen seitens der Gendarmerie kamen die Ausgewiesenen in den Häusern der Bauern, Kaufleute und Arbeiter unter.

Es gebührt aber auch den Heimatvertriebenen volle Anerkennung, die sich nicht von verantwortungslosen Demagogen zu unerfüllbaren Wünschen und hochgeschraubten Forderungen hinreißen ließen.

Will man der Wahrheit die Ehre geben und betrachtet die Verhältnisse jener Zeit gerecht und objektiv, so muß man gestehen, daß sich mit der Zeit hier und da Reibereien und Zwiespältigkeiten unter den bunt zusammengewürfelten Menschen ergaben. Doch diese Mißhelligkeiten, die durch Vermittlung wieder geschlichtet wurden, hatten ihren Ursprung darin, daß die hiesigen Bauernhäuser nicht für eine Vermietung eingerichtet und die einheimischen Landwirte nicht gewohnt waren, fremde Menschen in ihrem Hause zu wissen. Die Ursachen waren fast sämtlich in der Enge der Wohnverhältnisse begründet.

Wie sich alles am Rad der Zeit abschleift, so sehen wir es auch hier bei uns. Eine grundsätzliche Abneigung findet man nicht gegen die Ausgewiesenen. Der beste Beweis sind die zahlreichen Eheschließungen zwischen Einheimischen und Neubürgern, wie wir sie besser nennen. Die Neubürger erhielten ihren selbstgewählten Flüchtlingsvertrauensmann, der in persönlicher Verhandlung die Verbindung zwischen Neu und Alt herstellte. Neubürger wurden in die Gemeindevertretung eingegliedert, wurden nach Kenntnissen und Veranlagung in den Arbeitsprozeß eingeschaltet, hatten die gleichen Rechte und Pflichten wie die Altbürger, bezogen dieselben Bezugscheine für Spinnstoffe und Schuhwaren, hatten das Recht, sich selbständig zu machen und wurden genau so, wenn sie arm und mittellos waren, aus öffentlichen Fürsorgemitteln unterstützt. Öffentliche Bürgerversammlungen und Foren trugen dazu bei, mit der Bevölkerung in einen engeren Kontakt zu kommen, heimischer zu werden und Sitten und Gebräuche kennenzulernen.

Die Gemeinde ist unermüdlich dabei, das Los dieser Menschen zu erleichtern. Die noch zu klärenden wesentlichen Fragen in Bezug auf Siedlungsbau, Beschaffung von Wohnungen und Hausrat und die | Sicherung des Lebensindexes können nur dann eine Lösung erfahren, wenn Frickhöfer und Vertriebene sich der unlöslichen Schicksalsgemeinschaft bewußt werden und sich mit vollem Verständnis einander nähern.