Kultur- und Geschichtsverein
Frickhofen e. V.

1830: Grabungsbericht von der Dornbug

Bericht über die Nachgrabungen auf der Dornburg bei Hadamar, von Herrn Medicinalrath Dr. Kolb in Hadamar.

In: Nassauische Annalen - Bd. 1, 1827-1830 (2-3), S. S. 110 ff.

Dem verehrlichen Auftrage zu Folge habe ich die Forschungen auf der Fläche des Berges die Dornburg, Donnerberg, vielleicht auch Thorburg genannt, begonnen, und an verschiedenen Punkten Nachgrabungen veranstalten lassen. Diese Nachgrabungen haben zwar bis jetzt nur geringe Resultate gefördert, indessen scheint auch diese geringe Ausbeute nichts weniger als uninteressant zu seyn und zur Fortsetzung der Grabungen aufzufordern.

Die Dornburg liegt von Hadamar 1½ Stunde entfernt, bildet einen der höchsten Bergrücken des Amtes Hadamar und verläuft kammförmig mit kleinen Absätzen und in halbkreisförmiger Richtung bis zu den etwas höher liegenden Gebirgen des angrenzenden Amtes Meudt. Die Fläche, welche seinen Gipfel einnimmt, mag in der Peripherie ungefähr 20 Minuten, der Breite 6, die Länge 6 bis 8 Minuten um und durchgangen werden können. Die ganze Fläche bietet eine Menge zerstreut und nicht weit von einander liegender größerer und kleinerer Stein- und Schutthaufen dar. Die Steine, welche diese Schutthaufen bilden, sind Basalte von verschiedener Form und Größe. Einige haben verbranntes Aussehen und scheinen eigends behauen zu seyn. An manchen klebt noch Speiß und bei vielen Schutthaufen werden Speißklumpen gefunden. Die Schutt- oder Steinhaufen liegen alle, als wären sie langsam in sich und durch Feuer versenkt, gebildet worden. Die Anzahl dieser Steinhaufen mag sich auf 40 bis 50, vielleicht noch mehr belaufen. Viele bilden einen großen Umfang. Einen der größern Steinhaufen, der ungefähr in der Mitte der Fläche vorgefunden und bei dem Speißklumpen gefunden wurden, ließ ich aufräumen. Nachdem man die Seine in der Höhe von 2½ Schuh weggeräumt hatte, erblickte ich eine regelmäßige Mauerwand, deren innere Fläche stellenweis mit ziemlich erhaltenem Speiß überzogen war. Ich ließ nun alle Steine entfernen und hatte das Vergnügen, die Grundmauern eines Gebäudes in regelmäßiggebildetem Viereck aus dem Schutte emporsteigen zu sehen. Diese Mauern standen völlig über der Erde und maßen in der Höhe 3 bis 3½ Schuh, in der Breite 1 bis 1½ Schuh. Sie waren aus Basaltsteinen verschiedener Größe, wovon viele ein gebranntes Aussehen hatten, gebildet. Eiserne Klammern oder sonstige metallische oder hölzerne Zusammenfügungen haben sich nicht vorgefunden; eben so wenig konnten Inschriften oder Zahlen an den Steinen entdeckt werden. Der Gebäuderest hatte zwei Ausgänge; der eine nach Osten war in der Mitte, der andere nach Westen, etwas mehr nach der Seite. Beide hatten eine Breite von 2½ bis 3 Schuh. Nahe an dem Ausgange nach Westen soll wider der Mauer ein Feuerherd von fester Bauart gestanden haben, welchen die Arbeiter ohne mein Wissen und gegen meine Weisungen im Augenblick meiner Abwesenheit, wahrscheinlich aus Begierde, etwas von Werth darinnen zu finden, umgerissen und zerstört hatten. Der Boden welcher die Fläche innerhalb des Gebäudes bildet, war ein fest gestampfter und getraßter Boden von vorzüglicher Arbeit. Dieser Traßboden hatte eine Dicke von 4 Zoll, und unter ihm befand sich ein Pflaster von 4 Zoll, dann wieder Traßboden und dann wieder ein Pflaster. Nach diesem Pflaster kamen pyramidenähnliche Basalte in schiefer Richtung wie Gewölbesteine neben einander liegend und mit speißähnlicher Masse in den Fugen durchfüllt. Diese Basalte hatten verschiedene Größe und Dicke. Manche waren ½ bis 1 Schuh groß und ½ Schuh dick. Unten waren sie flach, oben stumpf pyramidenähnlich gebildet. Ich glaubte bei dem Erblicken derselben ein römisches Gebäude entdeckt zu haben, da die Römer bekanntlich die meisten ihrer Bausteine auf diese Weise zu behauen pflegten. (Fußnote: Dieß gilt nur von den äußern Bekleidungs- oder Futtermauersteinen des Emplecton.) In der Hoffnung ein Gewölbe zu entdecken, ließ ich diese Steinlagen wegnehmen und tiefer und tiefer graben. War indessen eine solche Lage abgenommen, so erschien eine andere eben so gebildete Lage. Diese Erscheinung benahm mir den Muth, in dieser Stelle tiefer zu forschen, um so mehr, da ich mir vorstellen mußte, daß diese in schiefer, anscheinend gewölbeartiger Richtung liegende Basalte in der Natur so vorkommen, und as Grundgebirge der Dornburg ausmachen möchten. Diese Annahme wird um desto mehr gerechtfertigt, al sich an mehreren Punkten, wo ich in die Tiefe einschlagen ließ, dieselben Erscheinungen dargeboten haben. Die Grundmauern des vorgefundenen Gebäudes ersteckten sich mit ihrem Fuß noch 1½Schuh tief in die Erde und ruheten auf den oben erwähnten Kegel- oder Pyramidenbasalten. Beim Wegräumen der Steine, in der innern Fläche des Gebäudes, fand man auf dem Traßboden, lose liegend, einen runden, in der Mitte zerbrochenen Mahlstein, der in der Mitte eine runde, ungefähr faustgroße Oeffnung hatte, sehr abgenutzt und ausgelaufen war und aus einem Tuffstein- oder Lavagattung, wie am sie am Laacher See, unweit Coblenz zu graben pflegt, gehauen war. Unter dem ersten Traßboden fand ich verschiedene Bruchstücke von Gefäßen, die aus grauer Vorzeit zu seyn schienen. Ich sende dieselben zur Einsicht mit. Nahe im Ausgang nach Westen wurde ganz oberflächlich die mitfolgende Münze gefunden. Nicht wenig Mühe habe ich verwendet, um das Gepräge dieser sonderbaren Münze auszuforschen. In meiner nicht unbeträchtlichen Sammlung numismatischer Werke, konnte ich keine Münze vorfinden, welche mit der Präge dieser Münze vollkommen überein stimmte. Entfernte Aehnlichkeit läßt sich bei guter Einbildungskraft wohl in den Münzen der Römer Saeculares Augg. mit der Präge eines Hirsches, ferner in der römischen Münze Apollini cons. aug. mit dem Bilde eines halb Menschen und Pferdes, ferner mit der römischen Münze Vota Publica mit der Figur eines Menschen, auf dessen Rumpf ein Thierkopf sitzt, und in einer griechischen Münze Alabus, die halb einem Meerungeheuer halb einem Menschen einen Pfeil haltend, vorstellt, finden. Am wahrscheinlichsten ist es, daß die Münze weder römischen noch griechischen, sondern deutschen, vielleicht altdeutschen oder hunnischen Ursprungs sey. Nach den Sagen der Ortsbewohner von Wilsenroth sollen auf der Fläche Dornburg viele Münzen, besonders von Gold, oft im Werth von 22 fl. mit heidnischem Gepräge gefunden worden seyn.

Nahe der äußeren Wand der aus dem Schutt hervorgegrabenen Grundmauern entdeckte man einen tief und im Zirkel eingesenkten Schutt von Steinen. Als die Steine hinweggerafft und man in eine Tiefe von 2 Fuß gekommen war, quoll eine Menge reines Quellwasser entgegen, dessen Ursprung man einige Schuh verfolgte. Man entdeckte einen Kanal, der regelmäßig oben, unten und an den Seiten mit Steinen belegt war und zur Leitung reinen Trinkwassers gedient haben mag. Solche Kanäle haben sich an verschiedenen Orten und Richtungen der Dornburg vorgefunden. Ich ließ an zwei Stellen diese Kanäle verfolgen und fand sie fort und fort regelmäßig angelegt und mit einem eigenen Pflaster noch gedeckt. Unwahrscheinlich ist es, daß diese Leitungen Werke der Feldeigenthümer seyn, welche etwa das Wasser von den Feldern ableiten wollten. Dazu sind die Leitungen zu rgelmäßig und keinem, auch der ältesten Ortsbewohner der Umgegend ist von der Anlage solcher Leitungen etwas bewußt. Bis zum Ursprung der Leitung konnten diese Kanäle, wegen den vielen Schutthaufen, die darüber herführen, nicht verfolgt werden. Eine solche Arbeit wird mühsam werden und größere Summen in Aufopferung bringen. Zahlen und Inschriften haben sich an den die Leitung bedeckenden Steinen nicht vorgefunden. Wo die Leitungen bis jetzt aufgegraben sind, da liegen sie nur 1 Fuß tief unter der Erde.

An der Nordwestseite der Dornburg bemerkte man eine starke Vertiefung in einem großen Schutthaufen, und die Sage trägt sich, daß hier die meisten Münzen und Geräthe verschiedener Art, selbst eine Lampe gefunden worden wären. Ich hielt daher für gut, auch hier graben zu lassen und fand 2 Schuh tief unter der Erde viele Bruchstücke von Gefäßen, die sub. Nro. 1 bezeichnete (wahrscheinlich) Harnischkrampe und abermal eine Handmühle. In der Tiefe von 4 Schuh, von der Fläche an gerechnet, kam man wieder auf die eigenen Basaltlager und fand nichts mehr vor. In Erwägung der Gebirgsbildung wäre es daher wahrscheinlich, daß, sollten sich auch Alterthümer vorfinden, dieselben in der Erdlage höchstens 1 bis 2 Fuß tief und in den Schutthaufen vorgefunden werden. Daß diese große Anzahl von Schutthaufen durch Feldeigenthümer der Vorzeit, welche die Felder reinigen und urbar machen wollten, zusammengetragen worden seyen, kann ich aus dem Grunde nicht glauben, weil sie in allen Richtungen der Fläche liegen und immerhin noch großen Raum einnehmen. Hätten die Feldeingenthümer diesen Zweck gehabt, so hätten sie die Steine an die Grenzen der Fläche gebracht und den Berg hinunter gerollt. Und wo sollten denn die Massen loser Steine von verschiedener Größe und Bildung alle herkommen? Dann bliebe freilich nur zu glauben übrig, daß die Dornburg vulkanischen Ursprungs sey!

Rund um die Dornburg liegen in einer Höhe von 80 bis 100 Fuß in Massen aufgethürmte Steine verschiedener Größe und lose über einander. Das Ganze hat das Ansehen eines eingestürzten oder zerstörten, oder in einem unvollkommenen Kriegszeitalter und von rohen Händen gebildeten Walles oder Wehrmauer. Dieser Wall hebt sich an mehreren Stellen kammförmig fortlaufend 6 bis 12 Schuh über die Fläche hervor und scheint Jahrhunderten getrotzt zu haben. Interessant wäre es, an diesen Stellen graben und räumen zu lassen. Sind noch Waffenbruchstücke früherer Jahrhunderte vorhanden, so werden sie gewiß hier gefunden.

Merkwürdig ist es, daß, reitet man oder fährt man über die Fläche der Dornburg an den meisten Stellen ein hohler dumpfer Ton, wie wenn viele Gewölber darunter wären, vernommen wird. Die Sage trägt sich auch, daß Bewohner der Vorzeit, unterirdische Ausgänge und Gewölbe vorgefunden hätten. Bis jetzt habe ich jedoch hiervon noch nichts entdecken können. Jedenfalls ist und bleibt die Fläche Dornburg eine Stelle von hohem Interesse und es dürfte der Mühe, der Zeit und des Geldaufwandes lohnen, die Forschung fortzusetzen und mit Energie zu verfolgen. Freilich dürften die Nachgrabungen, da die Fläche groß und das Wegräumen der Steinmassen beschwerlich und zeitraubend ist, nicht unbedeutende Opfer fordern; indessen könnten diese Opfer reich entschädigt werden.