Kultur- und Geschichtsverein
Frickhofen e. V.

Aus der Fülle dieser Artikel möchten wir Ihnen - mit freundlicher Genehmigung des Verlages bzw. der jweiligen Autoren - in diesem Rahmen einige besonders interessante Beispiele zusammenstellen. Zur besseren Orientierung haben wir versucht, die jeweiligen Artikel thematisch zu ordnen.

Artikel von Heribert Heep

Entwicklung der Vereine in Frickhofen

Zur wirtschaftlichen, sozialen und politischen Situation in Frickhofen

Geschichte einzelner Familien und Personen

Zur Geschichte der Juden in Frickhofen

Weitere Themen

FRICKHÖFER FAMILIENGESCHICHTEN

Händlerfamilie Kilbinger-Schäfer

Johann Schäfer, genannt Kilbingers Johann, und seine Frau Maria Katharina hatten drei Kinder: Georg, Walter und Amanda. Georg, der älteste Sohn, geb. 1908, gest. 1982, blieb im Elternhaus und begleitete noch einige Jahre seinen Vater auf Handelsreisen. Das war auch nötig, als die Familie 1927 einen Lieferwagen erwarb. Bemerkenswert ist, daß das gekaufte Kraftfahrzeug nur aus Chassis und Antriebstellen bestand. Aufbau und Ladefläche wurden von Wagner Schneider, "Eiser Waner", angefertigt und aufgebaut. Georg machte eigens einen Lehrgang zur Bedienung des Fahrzeugs und war damit "Mechaniker und Fahrzeugführer". Die "schönen 20er Jahre" waren erfolgreich für die Familie Schäfer. Anfang der 30er Jahre lernte Georg Rosa Giesendorf kennen, die er 1933 heiratete. 1938 erwirbt er das Haus Egenolfstr. 34 von seinem Vater.

Johann Schäfer, genannt Kilbingers Johann, mit LKW

Nach Jahren gemeinsamen Wirkens und Handelns beginnt der 2. Weltkrieg. Der Lieferwagen wird als kriegswichtiges Fahrzeug eingezogen, Georg wird an die Westfront beordert: ein brutaler Eingriff der Machthaber, welcher der Familie Schäfer Unheil bringt! Bereits am dritten Kriegstag wird Georg bei Sedan schwer verwundet, ist damit für sein Leben schwer behindert. Nach der Entlassung aus dem Feldlazarett, aus dem Wehrdienst entlassen, eröffnet Georg Schäfer sofort wieder seinen Handel. Er richtet einen Verkaufsraum ein, wenn nötig war auch Markt unter freiem Himmel. Da er zur Versorgung der Gemeinde einen wichtigen Beitrag leistete, durfte er mit Genehmigung der Parteiführung einen Opel P4 kaufen, welcher behindertengerecht umgebaut wurde.

"Kilwingersch Schorsch" wurde damit ein Segen für die Gemeinde, da er durch seine Beweglichkeit auf den armen Märkten der Kriegszeit immer etwas Frisches an Obst und Gemüse anbieten konnte. Besonderer Andrang herrschte, wenn es frischen Fisch gab - von Nordseehering bis Scholle. Die Bevölkerung war für alles dankbar, was eine Abwechslung in die Küche brachte. Große Fässer mit Fisch und Eis, die obere Egenolfstraße glich einem Fischmarkt, dazu die Warteschlange der Käufer!

Nach 12 Jahren, mit der Niederlage des Reiches und der NS-Zeit: die Angst wurde durch neue Hoffnung verdrängt, doch ein Berg von Leid und Armut mußte auch auf dem Land überwunden werden. Beim Einmarsch der US-Armee wurde die Familie Schäfer für längere Zeit aus Ihrem Wohnhaus verwiesen, was nicht gerade schadlos vorüberging. Doch war dies der letzte Schrecken der Kriegsjahre.

Als außerhalb der gewöhnlichen Läutezeit am 8.5.1945 die einzige im Turm von St. Martin verbliebene Glocke "St. Martin" erklang, war noch den wenigsten Bewohner bekannt, daß der Krieg zu Ende war. Richtige Freude kam noch nicht auf: war doch Not und Trauer stärker als jenes fremde Gefühl, welches Frieden und Freiheit bedeutete.

'Kilwingersch Schorsch' mit PKW

Anerkennung verdient das Ehepaar Rosa und Georg Schäfer in der armen Zeit - im und nach dem Krieg. Nicht nur wegen der Versorgung mit Lebensmitteln, denn mehr noch zu bewerten ist sein Entgegenkommen im sozialen Bereich an der Dorfbevölkerung. Ob Geburt oder Krankheiten, für den Transport ins Krankenhaus war "Kilwingersch Schorsch" zuständig - selbstverständlich für ein "vergelt's Gott", manchmal etwas Benzingeld.

Für Georg Schäfer war der Schritt in die Demokratie und die freie Marktwirtschaft eine Herausforderung. Sein Landhandelsgebiet war der nördliche Westerwald, das Siegerland, bis nach Hagen in Westfalen.

Mit seinem Ende der 40er Jahre erworbenen größeren Fahrzeug Marke Opel Blitz versorgte er die Kunden neben den auf den Markt kommenden Südfrüchten selbstverständlich mit Obst und Gemüse, zum Teil aus der eigenen Anlage am Blasiusberg, die er seit 1948 bewirtschaftete. Schon Anfang der 60er Jahre nahm Tochter Maria das Steuer in die Hand. Am 31.12.1964 gab "Kilwingersch Schorsch" den Handelsschein zurück, nach 37 selbständigen Händlerjahren im 56. Lebensjahr ging er in den verdienten Ruhestand, im Jahre 1987, fünf Jahre nach dem Tod von Georg Schäfer, verkaufte die Familie das Anwesen in der Egenolfstraße und lebt seitdem auf der Breitheck.

Franz-Josef Gresser